JUNGES GLÜCK
Wolfsburgs Kleiner im neuen Jugendstil: Eine Modellreihe von Polo Fox bis Polo G40 - Coupé und Steilheck und fünf Motoren von 45 bis 113 PS
Zweifellos ist der Name VW schon seit jeher besonders eng mit jenen Automobilen verbunden, die tatsächlich richtige "Volks"-wagen sind. Dies war über Jahrzehnte beim Käfer so, und auch der Deutschen liebstes Auto der Neuzeit, der Golf, wird diesem Prädikat wohl ohne Frage gerecht. In der kleinen Kompaktwagenklasse haben die Wolfsburger seit 1975 mit dem Polo gar ein weiteres Eisen im Feuer, das sich größter Beliebtheit erfreut. Speziell die Damen scheinen besonders vom Einstiegs-VW angetan, ist er doch auch einer der gefragtesten Zweitwagen. Immerhin 72 Prozent aller Polo Coupés werden von Frauen gelenkt, die geräumige Steilheck-Version bevorzugen die Damen mit 55 Prozent. Rund 2,8 Millionen Polos wurden bislang in Wolfsburg sowie im spanischen Pamplona gebaut.
Seit 1981, also neun Jahre lang, rollte Wolfsburgs Kleinster nun nahezu unverändert von den Bändern, ohne dabei heute technisch veraltet zu wirken. Doch nichts währt ewig, die Ansprüche speziell an das Styling haben sich geändert: Ein neuer Polo im modernen, schicken Kleid steht vor der Tür. Aufbauend auf der bewährten Technik des Vorgängers gibt es den Neuling wieder als sportliches Coupé oder als zweckmäßiges Steilheck. Die Zeit der runden Hauptscheinwerfer, das wesentlichste Merkmal der alten Polo-Fahrzeugfront, scheint bei VW jetzt endgültig abgelaufen. Große Rechteckscheinwerfer mit außen integrierten Blinkleuchten prägen das Gesicht des neuen Polo. Neben der Optik bringen die Breitband-Scheinwerfer aber auch Sicherheit, das Abblendlicht leuchtet nun die Straße um fast 50 Prozent heller aus, die Reichweite zeigt sich um knapp 20 Prozent verbessert. Zudem sind die großen Blinkleuchten nun endlich auch von der Seite zu sehen.
Der Fox ist auch beim neuen Polo wieder das Einstiegsmodell, dann folgt der komfortable CL. Die GT-Version spricht besonders sportlich orientierte Käufer an, speziell das GTCoupé wirkt außerordentlich gelungen.
Der stärkste Auftritt ist freilich dem neuen Polo-Topmodell vorbehalten. Als G40 kommt das Coupé mit breiten Rädern und tiefergelegter Karosserie ungemein bullig daher und soll, so VW, echtes "GTI-Flair" in diese Fahrzeugklasse bringen.
Das Zeug dazu hätte der G40, immerhin mobilisiert sein 1,3 Liter-Vierzylinder dank G-Lader und Ladeluftkühlung satte 83 kW oder 113 PS. Das reicht für eine Spitze von 196 km/h und eine Beschleunigung auf Hundert in nur 8,6 Sekunden. Zumindest beim Sprint bedarf es somit mindestens eines Golf G60, um dem Kleinen paroli zu bieten. Daß der Sport-Polo über einen geregelten Katalysator nach US-Norm verfügt ist dabei genauso selbstverständlich wie sein moderater Kraftstoffverbrauch, der im Drittel-Mix bei gerade 7,3 Litern Super bleifrei liegt. Die Zünd- und Einspritzsteuerung übernimmt ein neuartiges Digifant-System, bei dem ein Drucksensor anstelle des seitherigen Luftmengenmessers zum Einsatz kommt.
Doch auch die Technik der Polo "Normal"-Modelle wurde komplett überarbeitet. Das bewährte und auch von GUTE FAHRT oft als Klassenmaßstab bezeichnete Fahrwerk zeigt sich weiter verfeinert. 40 Prozent härtere Federn vorn und 20 Prozent weichere Federn hinten sowie ein um 1,5 Millimeter auf letzt 6 Millimeter verstärktes Hinterachsprofil sind die wesentlichen Eckdaten.
Ein stabilerer Geradeauslauf sowie ein nochmals spürbar gesteigerter Federungskomfort nennt VW als Ergebnis dieser Bemühungen.
Fünf Motoren stehen zukünftig für den Polo zur Wahl, vier Benziner und ein Diesel. Dabei gibt es das bereits erwähnte G40-Triebwerk ausschließlich im Coupé, alle anderen Motoren sind sowohl im Steilheck als auch im Coupé zu haben.
Die kleinste Antriebsquelle ist beim Polo auch gleichzeitig die beliebteste. Der 1,05 Liter-Motor mit 45 PS des Vorgängers würde weiter verbessert, Änderungen im Ansaug- und Abgastrakt sowie neue Steuerzeiten sorgen für ein erhebliches Drehmomentplus im unteren Drehzahlbereich. Immerhin 76 Nm stehen nun bei 2800/min zur Verfügung, das Vorgängertriebwerk brachte es auf 70 Nm bei 3600/min. Diese größere Durchzugskraft machte es möglich, mit längeren Übersetzungen die Motordrehzahlen zu senken, was wiederum eine Verbrauchsreduzierung bringt. Beim Steilheck mit Fünfgang-Getriebe beispielsweise sinkt der Drittel-Mix von 7,2 auf 6,4 1/100 km, was einer Kraftstoffeinsparung von 11 Prozent entspricht. Eine Monomotronic-Zentraleinspritzung mit Kennfeldsteuerung für Zündung und Einspritzung, die selbstlernend auf veränderte Last- und Fahrzustände reagiert, übernimmt das Motormanagement des 1,05 Liters, ein Kat nach US-Norm ist obligatorisch.
Mit 45 und 55 PS werden serienmäßig Viergang-Getriebe geliefert, Fünfgang, Serie bei 75 PS und G40, ist hier aufpreispflichtig.
Die Benziner-Alternative Diesel, ebenfalls mit serienmäßig fünftem Gang, ist auch im neuen Polo wieder lieferbar. Auf Basis des bisherigen 1,3 Liter-Selbstzünders entwickelten die Wolfsburger einen Nachfolger mit nunmehr 1398 cm³ Hubraum, der jetzt sogar die scharfen US-Grenzwerte für Dieselmotoren erfüllt. Um 7,1 auf 79,1 mm wurde der Kolbenhub zur Hubraumerweiterung vergrößert, die Zylinder-Bohrung blieb mit 75 mm gleich. 35 kW oder 48 PS leistet der neue Diesel nun bei 4500/min, der Vorgänger benötigte für 45 PS noch 4900/min. Das höchste Drehmoment von jetzt 85 Nm liegt bei 2700/min an, was einem Kraftzuwachs von 13 Prozent entspricht. Ein leiserer Motorlauf und noch weniger Verbrauch sind die weiteren Vorteile des neuen Konzepts.
Mit einem Drittel-Mix von gerade 5,3 Litern Diesel auf 100 km (Vorgänger 5,6 I) gehört der Polo Diesel zu den sparsamsten Automobilen überhaupt.
Und eine lahme Ente ist er deshalb noch lange nicht. Dank eines beim neuen Polo um fast 10 Prozent verbesserten cW-Wertes läuft der Diesel 142 km/h Spitze und beschleunigt in 19,5 Sekunden auf Hundert. Da ist er kaum langsamer als der kleinste 45 PS-Benziner mit 145 km/h. Dessen Beschleunigung steht mit 20,5 Sekunden gar hinten an.
Wer es etwas flotter angehen lassen will, kann zur 55 PS-Variante greifen, hier lauten die Werte 15,5 s für den Sprint und 154 km/h für die Spitze. Richtig sportlich ist schon das 75 PS-Modell, das es auf 172 km/h und 12,1 s bringt. Dabei sind diese Meßwerte bei Steilheck und Coupé absolut identisch.
Doch auch der Innenraum des Polo wurde nun komplett überarbeitet. Die Armaturentafel im modernen, geschwungenen Design, zeigt im Blickfeld des Fahrers einen großen Tacho, etwas kleiner rechts daneben den Drehzahlmesser oder, modellabhängig, die Zeituhr. Pfiffig schließt sich halbmondförmig ein Kombiinstrument für Kühlwassertemperatur und Tankanzeige an. Zur Bedienung von Heizung und Lüftung findet man Drehknöpfe wie beim Passat, ein schickes Lenkrad, je nach Modell zwei- oder dreispeichig, rundet den Blick aufs Cockpit ab.
Die gezielten Änderungsmaßnahmen am äußeren Erscheinungsbild als auch an der Technik machen die Neuauflage des kleinsten Wolfsburgers, das kann wohl zu Recht vermutet werden, zu einem der Favoriten in dieser Fahrzeugklasse. Und insbesondere auf das Abschneiden des G40 Sport-Modells darf man gespannt sein.
Volkswagen hat jedenfalls seine 15 Jahre Erfahrung im Bau der Polo-Reihe in den Neuling einfließen lassen, was speziell bei der Verarbeitungsqualität ein Spitzenprodukt erwarten läßt. Und wenn nun auch noch der Preis des neuen Kleinsten im Rahmen seines Vorgängers liegt, kann man zufrieden sein.
Bernd Weiser