Familien-Rat: Übersicht der Polo-Versionen aus GUTE FAHRT 11/85


Die Polo-Familie zählt im neuen Modelljahr mehr Mitglieder denn je zuvor. Allein drei Karosserie-Varianten werden geboten - das Steilheck, das Stufenheck und das Coupé. Zur Auswahl stehen Motoren mit 45 PS, 55 PS und 75 PS. Hinzu kommt die Coupe-Sonderserie "G 40", mit dem G-Lader-bestückten 115-PS-Aggregat und die jeweiligen umweltfreundlichen Ausführungen mit Mikrokatalysator oder gar geregelter Lambda-Technik und Einspritzanlage (siehe auch Seite 26). Ganz nach persönlichem Geschmack und Bedarf kann zwischen den Ausstattungen C, CL und - beim Coupe - GT gewählt werden. Für die jugendliche Zielgruppe kommt noch der Fox hinzu; selbst kommerziellen Ansprüchen wird der Polo gerecht - als Stadtlieferwagen mit Ladeboden statt hinterer Sitzbank.
Wie man sieht, haben die VW-Leute in Sachen Polo förmlich zum Rundumschlag ausgeholt - dem interessierten Kunden kann's nur recht sein, wird doch die Polo-Vielfalt den unterschiedlichsten Anforderungen gerecht. Grund genug, eine Momentaufnahme der kompletten Kleinwagen-Familie zusammenzustellen, wobei die Neuerungen des Modelljahres 86 im Vordergrund stehen.

Modern oder klassisch: die Karosserie-Varianten

Klein, handlich und wendig wirken sie allemal, die PoloModelle. Bei einer Gesamtlänge von rund 3,65 Meter sind auch beste Voraussetzungen dafür gegeben. Selbst die Stufenheck-Version ist bei gleichem Radstand nur 32 Zentimeter länger geraten. Im Fahrbetrieb ist davon jedoch kaum etwas zu bemerken. Ob Stufen-, Steilheck oder Coupé, alle Polos lassen sich problemlos handhaben, Park- und Wendemanöver werfen wohl selbst bei knappem Spielraum selten Probleme auf.
Trotz kurzem Radstand und geringen Spurweiten glänzt die kleine Truppe mit einem Fahrkomfort, der in dieser Klasse getrost als vorbildlich eingestuft werden darf Fahrbahnunebenheiten werden zwar nicht verheimlicht, aber problemlos weggesteckt. Und auch in puncto Sicherheit kommt im Polo kein mulmiges Gefühl auf. Die Fahrwerkskonstruktion und -abstimmung gewährt bei den jeweiligen Motorisierungen noch deutliche Reserven - diverse Tuning-Offerten und auch das kommende G 40Modell mit 85 kW/115 PS verdeutlichen dies. Karosserieneigungen fallen jedenfalls erfreulich gering aus, selbst bei flotter Kurvenfahrt. Wird's dem Polo zu schnell, signalisiert er dies mit sanftem Untersteuern. Überraschungen hält er keine parat, was den Polo nicht nur bei den Fahranfängern so beliebt macht.
Die Lenkung ist dabei recht direkt und vor allem leichtgängig; bei der ersten Kontaktaufnahme resultiert daraus mitunter ein etwas eckiger Fahrstil. Die Bremsen haben Biß und sind gut dosierbar - sofern ein Bremskraftverstärker installiert ist. Dies ist bei den einfachsten Ausgaben nicht immer der Fall, er kann aber gegen 193 Mark als Extra geliefert werden. Wir raten dringend dazu.
Diese gemeinsamen Eigenschaften werden sicher wenig verwundern, gleichen sich doch die Polos - zumindest bis zur B-Säule - wie eineiige Drillinge. Erst hinter den Türen scheiden sich die Geister.
Publikums-Liebling ist trotz (oder wegen) seines noch immer etwas unkonventionellen Auftretens der Steilheck-Polo. Seine Linienführung hebt sich vom gewohnten Auto-Einerlei markant ab, und zudem bietet der steile Heckabschluß handfeste Vorteile. Der Innenraum wirkt für Passagiere auch noch auf der Hinterbank recht üppig, zudem verfügt diese Version über den großzügigsten Stauraum. Im Normalfall stehen 240l Fassungsvermögen zur Verfügung; durch Umlegen der Rückbank läßt sich das Volumen gar auf 980l steigern (VDA-Messung). Bei der Coupé-Version dagegen vermindert das abgeschrägte Heck diesen Raum auf rund 890l.
Eine breite Heckklappe und die tiefe Ladekante erleichtern bei beiden Ausführungen den Zugang zum Stauraum. Die Coupé-Silhouette strahlt dabei eben einen Hauch mehr Sportlichkeit aus - die Schrägheck-Version ist mit 230 Mark Mehrkosten damit wohl eher eine Frage des persönlichen Geschmacks denn der Finanzkraft.
Für Freunde der klassischen Limousinen-Form gibt es den Polo mit Stufenheck - ehemals Derby genannt. Die Front wurde der Polo-Reihe zwischenzeitlich angeglichen (Rundscheinwerfer), und sein Erscheinungsbild mit zusätzlichen Seitenschwellern, Kotflügelverbreiterungen und breiten Rädern aufgefrischt. Sein gewaltiger Kofferraum aber ist geblieben. 435l faßt dieses Gepäckabteil, da kann so mancher Mittelklasse-Wagen nicht mehr mithalten.
Kleinwagen werden zwar nur selten als Zugfahrzeuge eingesetzt. Dennoch für Interessierte: der Polo darf Hänger, die mit einer Auflaufbremse versehen sind, bis zu einem Gewicht von 650 kg mitschleppen.

Frech oder sportlich: die Ausstattungs-Varianten

Schon vor einiger Zeit wurde das Ausstattungs-Angebot in der Polo-Reihe um die Spitzengruppe "GL" gekappt, bei gleichzeitiger Aufwertung der CL-Versionen. Dann kam der Fox. Mit etwas abgespeckter Ausstattung, mit geringem Extra-Angebot und weitgehend einheitlichem Auftreten ließ sich der Fox ohne große Umstände produzieren - und damit unter dem Preis des Polo C anbieten. Die Zielgruppe der bonbonfarbenen Wägelchen stand von vorneherein fest: die jungen und junggebliebenen Polofahrer, die zwar ein knappes Budget, aber einen flippigen Geschmack haben. Heute geht es jedoch auch in Fox-Kreisen eine Spur dezenter zu; die Farben Rot, Schwarz, Weiß und Wolkengrau wirken im Vergleich zum ehemaligen Saimagrün und Türkis fast schon distinguiert. Auch die Farben der Innenausstattung stechen nicht mehr ganz so stark ins Auge. Geblieben ist der recht günstige Preis. Mit rund 1000 Mark unter Polo C-Niveau ist der Fox in Steilheck-Ausführung und nur mit dem 33 kW/45 PS-Motor kombinierbar sicher ein vernünftiger Einstieg.


Indes - wir empfehlen auch den Polo Fox aus seiner knappen Mehrausstattungsliste noch etwas aufzuwerten: Halogenscheinwerfer (174 Mark) bringen nachts mehr Sicht, der Bremskraftverstärker wurde bereits genannt, und die Scheibenwischer-Intervallschaltung (59 Mark) schont bei nur leichtem Regen Wischerblätter und Nerven gleichermaßen. Auch ein Radio gehört heute dazu; die hauseigenen Geräte Alpha (372 Mark) und Beta (472 Mark) sind dann ab Werk fachgerecht installiert - mit Antenne, Lautsprecher und Entstörung versteht sich. Die gleichen Empfehlungen gelten auch für die übrigen Modelle, soweit die genannten Extras nicht bereits im Serienumfang enthalten sind. Ab der CL-Ausstattung zeigt sich der Tisch dann recht gut gedeckt: das Lenkrad ist umschäumt und greift sich nicht mehr gar so dünn an, Türen und Seitenteile sind innen mit Stoff verkleidet, und auch die Rückbank läßt sich mittig geteilt umlegen. In der dem Coupé vorbehaltenen GT-Ausstattung geht der Trend in Richtung "sportlich". Das griffige Dreispeichen-Sportlenkrad, die hervorragenden Sportsitze und die reichhaltige Instrumentierung werten das Interieur des Polo Coupé nochmals auf. In der gesamten Polo-Palette spielen zwei Motoren die Hauptrolle - neue Maschinen gar. Es handelt sich um den geänderten 1,05-LiterMotor mit 33 kW/45 PS und das 1,3-Liter-40-kW-55-PS Aggregat, das künftig auch bei Golf und Jetta die 50-PS- und die 60-PS-Triebwerke ablöst.

Sparsam oder kräftig: die MotorVarianten

Die neuen Polo-Motoren sind eine Grundvoraussetzung, durch die auch bei den Kleinen die längeren Inspektions-Intervalle möglich wurden. Nurmehr einmal im Jahr steht der Werkstatt-Check auf dem Programm, denn die elektronische Zündanlage ist ebenso wartungsfrei wie die neuen Zylinderköpfe mit Hydro-Tassenstößeln zur Ventilsteuerung, bei denen auftretendes Spiel permanent ausgeglichen wird. Auch die installierten Longlife-Zündkerzen stehen 30000 km durch.
















Im wesentlichen unterscheiden sich die beiden Triebwerke im längeren Hub der 1,3-Liter-Maschine (72 statt 59 mm) und in der Gemischaufbereitung. Der 40-kW-55-PS-Motor arbeitet mit einem Fallstrom-Register-Vergaser, während die schwächere Version mit dem einfacheren Fallstrom-Vergaser bestückt ist. Eine Startautomatik ist jetzt auch bei allen Motorisierungen zu finden; der Handchoke gehört (wieder einmal) der Vergangenheit an.
Erste Fahreindrücke zeigten, daß sowohl der 45-PS- als auch der 55-PS-Motor keine fundamentalen Unterschiede zu ihren jeweiligen Vorläufern an den Tag legten. Allenfalls das Motorgeräusch ist noch ruhiger geworden. Es gilt, schon ganz schön die Ohren zu spitzen, will man im Leerlauf die Maschine hören. Die Fahrleistungen entsprechen den Ansprüchen dieser Fahrzeugklasse, übertreffen sie gar.








Mit über 140 km/h Höchstgeschwindigkeit ist selbst der 1,05-l-Polo recht flott, wer auf mehr Durchzugskraft, speziell an Steigungen, Wert legt, sollte vielleicht die 55-PS-Version ins Auge fassen.
Geradezu sportliche Fahrleistungen werden auch in sportlicher Verpackung geboten - im Coupé GT. Hier kann der bekannte 1,3-LiterMotor mit 55 kW, das sind 75 PS, geordert werden. Bei dieser Maschine übernehmen zwar noch die alten Schlepphebel die Ventilsteuerung, die Zündung aber wird hochmodern aus gespeicherten Kennfeld-Daten versorgt (Dignition). 170 km/h erreicht das Coupé mit diesem Motor, und der Spurt von 0 auf 100 km/h wird in rund 12 Sekunden absolviert.
Mit dem Modelljahr 86 steht bei allen Motorisierungen ab 33 kW/45 PS zudem ein Fünfgang-Getriebe zur Wahl. Gerade im 75-PS-Coupé ist es in sportlicher Abstimmung ausgelegt, der fünfte Gang entspricht der vierten Stufe des Viergang-Getriebes, dazwischen aber liegen noch drei Gänge statt zweien. Bei allen übrigen Modellen ist zu den bisherigen vier Gängen noch ein etwas länger übersetzter E-Gang hinzugekommen. Die damit mögliche Geräusch- und Verbrauchs-Minderung speziell im oberen Geschwindigkeitsbereich ist offenkundig; auf die fünfte Schaltstufe sollte daher nicht verzichtet werden. Mehrkosten 310 Mark.


Über das High-Tech-Projekt auf dem Polo-Sektor berichteten wir bereits in unserer letzten Ausgabe (GF 10/85) -gemeint ist das Polo Coupé GT G 40. Die kostengünstigste Verwirklichung einer Leistungssteigerung, die Transplantation der Golf GTI-Maschine in den Polo, scheiterte - an mehreren Zentimetern. Für die im 16 V realisierte Vierventil-Technik fehlt es dem 1,3-l-Polo an gesunder Drehmomentbasis, und für einen Turbolader ist sein Abgasstrom zu diskontinuierlich. Der riemengetriebene G-Lader führte zum Ziel: ein 1,3-Liter mit dem Charakter eines 1,8-Liter-Motors. Mit dieser geballten Ladung kommt das Coupé auf 195 km/h, die Tempo-100-Marke soll nach rund 9 Sekunden erreicht werden.
Daß der G 40 hält, was seine Eckdaten versprechen, stellten im September drei Polo Coupé GT G 40 unter Beweis. Auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke des VW-Testgeländes wurden unter Extrembedingungen Weltrekorde angepeilt: Dauerfahrten über 5000 km und 24 Stunden. Die bislang gültigen Geschwindigkeitsrekorde lagen bei rund 170 km/h im Durchschnitt. Die G 40-Coupés, allesamt abgasgereinigte Katalysator-Versionen im Renntrimm und auf 95 kW (129 PS) getunt, schraubten die Marke nun auf über 200 km/h hoch. In seiner (Klein-) Serien-Version bringt der G 40 ja 85 kW (115 PS) auf die Straße. Gerade 500 Stück will man bei VW erst einmal herstellen; immerhin sind Modifikationen am Blech nötig, die vorerst noch nicht in die Serienfertigung übernommen werden können.
Das G 40-Angebot scheint interessant zu sein, jedenfalls schlugen die Polo-Fans derart zu, daß das Kontingent schon wenige Tage nach Ladenöffnung und Bekanntwerden des Preises (19950 Mark) vergriffen war. Warme Semmeln - könnte man meinen - sind schwerer an den Mann zu bringen. Warten wir einen Nachschlag ab, damit die ohnehin attraktive Polo-Reihe ihr Highlight behält.
D. Heinz